Die Trinser Alpen bis 1947 von Hans Erni
(Übersetzung von Christian Erni)
Einige Worte zu den Bündner Alpen
Die Alpen sind nebst den Wäldern der hauptsächliche Reichtum unserer Gemeinden. Sie sind aber auch ihr Stolz, welcher in allen Sprachen in Gedichten und Liedern zum Ausdruck gebracht wird. Die Bevölkerung ist dermassen mit ihre Alpen verbunden, dass spekulative Verkäufe von Gebieten und Rechten kaum mehr möglich sind. Man kann deshalb die Gemeinden mit einer Laterne suchen, welche eine Alp verkaufen; auch wenn sie Alpen im Überfluss haben. Das war in Graubünden nicht immer so. Viele Gemeinden haben keine oder nur wenige Alpen auf ihrem Gemeindegebiet. In der Gruob haben z.B. Ilanz, Luven, Flond, Castrisch, Sevgein, Sagogn, Schluein, Strada und Schnaus keine Alp auf ihrem Gebiet. Es ist daher verständlich, dass sie im Mittelalter versucht haben, Alpen oder Alprechte auf andere Gemeindegebiete zu erwerben. Dort, wo die Gemeinden kein Glück bei der Suche hatten, haben es Private und Korporationen verstanden, Alpen oder Alprechten auf fremdem Gebiet zu erwerben. Daher kommen auch die vielen komplizierten Besitz-, Rechts- und Servitutverhältnisse der Bündner Alpen. Von den elf Alpen der Gemeinde Bivio gehören z.B. deren zehn Privaten und nur eine der Gemeinde. Auf dem Gemeindegebiet von Wiesen befinden sich die Alp verdra von Surava, die Alp von Alvaschein und die Alp nova von Brienz, während die Alp Altein-Tiefenberg der Gemeinde Wiesen, Brienz, Surava und Alvaschein gehört. Von den vier Alpen auf dem Gemeindegebiet von Marmorera gehört nur Promier der Gemeinde. Natons gehört der Familie Bossi, Starscheins gehört privaten Italienern und die Alp Motta gehört Privaten des Ortes. Von den vier Alpen auf dem Gebiet von Riom gehören Rasslung und Schmoras den Gemeinden Riom, Cunter und Suagnin, die Alp pitschna gehört Savognin und Colm da bovs den Gemeinden von Riom und Cunter. Von den sechs Alpen auf Laaxer Gemeindegebiet sind nur deren drei im Besitz der politischen Gemeinde. Plaun da Fuorclas und Alpsura gehören Sagogn und Nagiens Schluein. Auf dem Gebiet von Ladir liegen die Alpen Muletti von Ruschein und die Alp von Schnaus. Von den sechzehn Obersaxer Alpen gehört nur die Alpetta von Obersaxen der politischen Gemeinde. Garveras gehört der Gemeinde Luven und die Alpetta da Vignogn ist im Besitz von Vignogn. Innerzafraga gehört Privaten und die anderen Alpen Korporationen. Von den fünf Alpen auf Duiner Gemeindegebiet gehören Muretg Safien, Conlad und Radun privaten Leuten. Von den vierzehn Valser Alpen gehört keine der Gemeinde. Padanatsch gehört Sagogn, Lampertsch gehört Ponte (Tessin), Lenta Brugiasco (Tessin), Tomüll Flims, Leis, Guraletsch, Amperfreila und Selva gehören Kooperationen und die anderen fünf sind im Privatbesitz. Von den dreizehn Alpen auf Gemeindegebiet von Vrin gehören lediglich Alp dado, Cuolm und Valeglia-Bargianiela der politischen Gemeinde. Diesrut gehört der Gemeinde Semione (Tessin), Blengias gehört einer Gesellschaft von Falera, Vanescha gehört der Gesellschaft von Vrin, Scharboden der Gemeinde Aquilla (Tessin) (seit 1916 im Besitz der Viehzuchtgenossenschaft Vella; die Red.), Patnau der Gemeinde Cumbel, Greina dem Kreis Lugnez und Suraua gehört Privatpersonen. Von den dreiundzwanzig Safier Alpen gehören Guw, Alpgronda und Langegg der Gemeinde Valendas, Kühberg der Gesellschaft von Versam-Arezen, Brüschalp der Gemeinde Versam, Vereina der Gemeinschaft von Tschappina, Verdus einer Gemeinschaft von Tschappina und Urmein, Carnusa der Gemeinschaft von Flerden und Sarn. Pischola gehört dem Kloster Cazis und der Gemeinschaft von Urmein, Tristelalp ist im Besitz der Familie Juon, Safien, Carnanga und Campelalp gehören der Familie Zwicki aus Mollis (Glarus), die Bodenalp gehört den Erben Buchli und die anderen den Gemeinschaften einzelner Safier Fraktionen. Bekannt sind die schönen Felsberger Alpen Tambo auf dem Gebiet von Splügen, die Emser Alp Ranasca auf Gemeindegebiet von Panix und die Alp Cavel von Castrisch, welche sich auf Lumbreiner Gemeindegebiet befindet. Obwohl einige Gemeinden, hauptsächlich im Engadin, Alpen im Überfluss hatten, verkauften keine ihre Alpen, mit Ausnahme von Scuol, an Privatpersonen, Kooperationen oder andere Gemeinden. Nur die Alp Naraus in Flims, welche aus privaten Maiensässen gebildet wurde, ging als private Spekulation in den Besitz der Gemeinde Gams (St. Gallen).
Die Trin Alpen
Trin besitzt die vier Kuhalpen Armora, Lavadinas, Surcruns e Raschaglius, welche mit ca. 50 Kühen, 40 Rindern und 35 Kälbern bestossen wird. In Raschaglius sind es etwa 5 Kühe und ein paar Rinder weniger. Zwischen Lavadinas und Surcruns liegt die Alp Cuolm da stiarls, die mit etwa 120 Mesen bestossen wird.
Die äussere Alpmora wird seit bald 70 Jahren nur mit Schafen bestossen. Sie kann etwa tausend Schafe ernähren. Der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich, dass man mehrere Jahre die Schafe in Sgurschanius und Plauncadira, während man das fremde Galtvieh auf der äusseren Armora weiden liess. Die schönste Trinser Alp ist der Bargisboden, welche die ersten drei Wochen und die letzten 12-15 Tage vom Vieh der beiden Senntümer Surcruns und Raschaglius genutzt wird. Die Alten erzählten, dass der ganze Bargisboden vor 700 oder 800 Jahren nur der Gemeinde Trin gehört habe. Er sei mit Wald und Sträuchern überwachsen gewesen und habe den Steinböcken und Gämsen im Winter als Einstandsgebiet gedient. Das ganze Gebiet sei von den Fidazer Walsern gerodet worden, welche dann den Teil auf der rechten Seite des Bachs für sich beansprucht hätten. Die Fidazer Walser hätten damals nicht das Recht gehabt, ihr Vieh auf den Flimser Alpen zu sömmern und hätten deshalb auch noch mehr als zwanzig Alprechte auf Lavadinas gefordert, bevor sie mit dem Roden dieses grossen Gebiets begonnen hätten. Dass die Fidazer Walser Alprechte in Lavadinas gehabt haben, ist in mehreren Urkunden belegt. Am 19. Juni 1491 entscheidet Marti Claus, Richter des Grauen Bundes, in einer Streitfrage zwischen der Familie Meiler von Fidaz und der Gemeinde Trin, dass die Meilers das Recht hätten auf den Trinser Alpen so viel Vieh zu sömmern, wie sie auf dem grossen Hof in Fidaz überwintern konnten. In einem Urteil vom 10. März 1522 wurde diese Anzahl mit 26 Tieren festgelegt. Am 10. August 1645 tauschen die Nachfolger der Meilers, Marti Parli und Hans Parli von Fidaz ihre 26 Alprechte der Trinser Kuhalpen mit der Gemeinde Flims, damit sie ihr Vieh auf den Flimser Alpen sömmern konnten. Die Gemeinde Flims tat dies auf Wunsch der Gemeinde Trin, welche schon am 8. Januar 1646 die 26 Alprechte für 832 Gulden. Seither ist die Gemeinde Trin alleinige Besitzerin der Alpen auf ihrem Gebiet.
Im Jahr 1461 fand die genaue Grenzlegung zwischen Trin und Flims statt. Die Grenze geht vom Belmont hinunter zu Bargisbach und diesem entlang hinauf bis zum ersten Wasserfall nach Vadres. Vom Wasserfall einwärts ist das ganze Gebiet bis zum Grat von Raschaglius Besitz der Gemeinde Trin. 90 Jahre später, im Jahre 1551 klagte die Gemeinde Flims gegen die von Trin, dass die Alp Raschaglius an Trin gegangen sei, weil die Herren von Hewen ihren Einfluss geltend gemacht hätten und die Herren von Sax-Misox unfähig gewesen seien. Das Gericht des Grauen Bundes wies die Klage von Flims als unberechtigt zurück. In einem Protokoll von anfangs März 1567, durch Egli Willi, Administrator der Herrschaft Trin genehmigt und besiegelt, bemerkt die Gemeinde Trin, dass ihre guten Alpen, seit jeher mit grossen Vorteil genutzt, durch die ständige Übernutzung schon seit langem verwahrlost sei. Aus diesem Grund beschliesst die Gemeinde, dass Vieh, welches mit auswärtigem Futter überwintert worden war, von den Trinser Alpen und Weiden ausgeschlossen sei. Gemäss einer Abhandlung von 1804 über die Gemeinde Trin von Herrn Pfarrer Gion Cahenzli haben Überschwemmungen und Geröll 1762 die guten Weiden zerstört und mit Schutt zugedeckt. Vorher konnte man die Trinser Alpen mit 480 Kühen, viel Galtvieh und Schafen bestossen. Seit den Unwettern konnte man nur noch 430 Kühe, 200 Stück Galtvieh, sowie Schafe und Ziegen sömmern. Im Vergleich mit den heutigen Verhältnissen ist diese Anzahl enorm, zweimal mehr als die heutige Bestossung aller Trinser Alpen. Das Vieh von heute ist wohl um einiges grösser und schwerer als das vor hundert Jahren, und braucht auch mehr Futter. Herr Pfarrer Gion Cahenzli behauptete auch, dass die Nutzung der Alpen seit 1792 sehr stark zurückgegangen war. Früher lieferten die Alpen 120 Wagenladungen Molken (Molken = Alpnutzen an Käse, Butter und Zieger), heute noch 70-80 Molken mit 20 Krinnen Butter, 30 Krinnen Käse und 15 Krinnen Zieger pro Wagenladung (1 Krinne = ¾ Kilogramm). Andererseits sei aber der Wert des Produkts gestiegen. 1762 sei eine Wagenladung Molke 7-8 Florin Wert gewesen, heute sei der Wert auf 20 Florin gestiegen.
Der Alpbetrieb ist jetzt viel weltlicher als vor nur 80 Jahren. Damals wollten alle auf die Alp; sogar Landammänner bewarben sich um eine Stelle als Senn, Zusenn oder Hirte. Gross war auch die Konkurrenz als Kleinhirte oder Schweinehirte. Auch der Schreiber dieser Zeilen hatte sich wiederholt für eine dieser zwei Stellen beworben, aber dies ohne Erfolg. Seine Konkurrenten waren wahrscheinlich stärker als er oder hatten mehr Cousins oder Patenonkel. Erst im Jahr 1880 vertraute das Senntum Bargis ihm die Stelle als Schweinehirt an; die erste Stufe für alle, die eine Alpkarriere machen wollten.
Im Jahr 1880 wurde die Milch gemessen und nicht gewogen. Die Menge wurde wie heute in Listen eingetragen. In Maliens, Maiensäss von Trin, wurde die Milch mit einer Krinnenwaage (Chrinnewaage) gewogen und die Krinnen wurden mit Kerben in Stöcken eingekerbt. Man sprach 1880 und noch später von der schönen Messzeit, wo man sich nicht die Mühe machen musste, nach jedem Melken die Milch wägen und die Menge notieren musste. Herr Pfarrer Gion Cahenzli berichtete darüber:
„Am Milchmesstag wird durch das Los bestimmt, welche Kühe jeder melken musste und andere unparteiische Männer kontrollierten, dass die Kühe richtig ausgemelkt seien. Am folgenden Tag, der richtige Milchmesstag, steht es jedem frei seine eigenen Kühe zu melken. Die Milch, die die Kühe an diesem Tag am Morgen und am Abend geben, wird von jeder einzelnen mit einem Löffel, welche 32 eine Mass machen. Dies wird auf einer Holztafel notiert. Der Milchmesstag war ein Festtag für Alt und Jung.“
Wir erinnern uns auch noch an die Zeit der Heerkuh, ein schönes Stück Alppoesie. Lange vor der Alpbestossung waren die Heerkühe das wichtigste Thema bei den Diskussionen der Knaben, wie auch der Erwachsenen. In Mulin hatte Kanzlist Hans Caflisch die Heerkuh, eine schwere, lange Kuh mit gesenkten Hörnern. Vor ca. 70 Jahren kaufte Gion Riesch, Schmid, in Scheid eine Heerkuh, eine kleine, schnelle Kuh mit Hörnern wie Schwerter. Diese verkaufte er wenig später der Familie Tscharner in Digg. In Bargis besiegt sie zuerst die Heerkuh von Mulin, beim zweiten Mal aber muss sie sich der schweren Kuh von Kanzlist Hans beugen. Wir Digger hätten vor Mitleid weinen können. Doch ein Trost blieb uns dennoch; die Heerkuh von Digg besiegte am gleichen Tag die Heerkuh von Fidaz.
Feierlich war die Ankunft der Wagenladungen am Tag der Alpentladung. In Surrieven, oberhalb von Mulin, hielten alle Wagenzüge von Lavadinas, Surcruns und Raschaglius an. Einer der Alpmeister, meist der Landamman, hielt eine Rede, in der er Gott für den grossen Ertrag und für die glückliche Rückkehr des Personals und Viehs dankte. Die Reden wurden immer gleich gehalten. Die letzte Alprede hielt der Präsident Germaun Calonder um1877 in Surrieven. Das war das erste und letzte Mal, dass der Schreiber dieser Zeilen eine Alprede gehört hat.
Die Kuh will gefüttert sein, wenn sie Milch geben soll, und die Alpen wollen gepflegt und verbessert werden, wen sie rentieren sollen. Der Schreiber dieser Zeilen glaubt kompetent zu sein etwas über die Alpmeloration zu schreiben. Die Gemeinde Trin hat unter seiner Führung die Hinweise von Kulturingenieur Good umgesetzt und Arbeiten im Wert von einer Viertel Million ausführen lassen. Alle Vorbereitungsarbeiten gingen durch seine Hände und will man heute jemanden verurteilen, der etwas fördert, auch gegen die Opposition einzelner, dann ist dieser sicher der grosse Schuldige. Die Verbesserungen wurden in allen Richtungen sehr genau geprüft. Wir befragten alte Sennen und Alphirten und hörten ihre Ideen. Der ganze Gemeindevorstand traversierte mit den Herren Kulturingenieur Good und Direktor des Plantahofs Andrea alle Alpen und sie prüften die dringendsten Verbesserungen.
*
Am ersten Dezember 1909 referierte Herr Andrea vom Plantahof an einer der zahlreichen Gemeindeversammlungen in Trin über seine an der Exkursion über die Trinser Alpen erhaltenen Eindrücke. Vor allem erwähnte er die exzellenten Gräser der vielen Trinser Alpen und die grosse Anzahl der fruchtbaren Ebenen. Dennoch war er nicht nur des Lobes voll. Er kritisierte hart die schlechten Wege und Pfade, das Fehlen von Wasserleitungen, die von Steinen bedeckten Hänge, die überdüngten und von Gelbem Enzian und Blakten überwachsenen Weiden. Er nannte auch die miserablen Hütten und das Fehlen von Ställen. In seiner Einführung sprach Herr Andrea über die generelle Bedeutung der Alpen, ein wichtiges Kapitel für die Bauern im Allgemeinen und nicht nur für die von Trin. Er äusserte sich unter anderem: «Die Alpen haben einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der Tiere. Die stetige Bewegung im Freien stärkt die Muskeln und Knochen. Die Auf- und Abwärtsgänge stärken die Atmungsorgane. In der Alp gewöhnen sich die Tiere an die Temperaturschwankungen und werden so resistenter und robuster. Solches Vieh ist viel weniger der Tuberkulose oder anderen ansteckenden Krankheiten ausgesetzt. Man kann es länger nutzen und deshalb ist es sehr gesucht. Die Kantone des Unterlandes haben beinahe vor uns erkannt, dass die Alpen für die Viehzucht von grosser Bedeutung sind. Sie habe grosse Anstrengungen unternommen um gute Alpen zu kriegen. Wenn wir ihnen gegenüber nicht rückständig sein wollen, und den guten Ruf unseres Viehs nicht erhalten oder gar verbessern, müssen wir eine ganz andere Aufmerksamkeit auf die Erhaltung unserer Alpen richten. Wir müssen die besten Bedingungen für die Entwicklung unseres Viehs schaffen. Die Tiere sollten nicht unter Hunger und Kälte leiden. Und sie sollten auch nicht Tag und Nacht bei Wind und Wetter unter freiem Himmel verbringen. Von grosser Bedeutung sind auch die Strassen und Pfade in die und auf den Alpen. Auf steinigen, steilen Wegen verdirbt sich das Vieh, vor allem die Kälber, die Klauen. Die Tiere leiden noch wochen- oder monatelang. Welche Qual ist es für die Zugtiere, welche im Herbst die Wagen aus und in die Alp ziehen müssen. Wo möglich sollte man die Strassen mit Erdreich und Sand bedecken und so verhindern, dass das Wasser dieses nicht wegspült. Mehr als 15% Gefälle sollte Alpwege auch nicht haben.
Auch den Umtriebsstrassen und –wegen sollte man die volle Aufmerksamkeit widmen. Gute und vernünftige Pfade erleichtern das Weiden und beeinflussen so die Entwicklung und die Milchproduktion.
Von grosser Bedeutung sind auch die Alpgebäude, die Ställe und die Hütten. Wie oft haben die Hütten keinen Kamin und keine Fenster und sind oft voller Rauch. Muss man sich da wundern, wenn man bald kein Alppersonal kriegt? Viele Bauern zerbrechen sich nicht den Kopf und denken: Wenn einer nicht auf die Alp geht, dann kommt ein anderer, der letzte Vagant, der auf die Alp geht, ist noch nicht gestorben. Das ist ein falsches Prinzip. Zuhause bewahrt der Bauer seine Obligationen oder andere Wertschriften in der sichersten Ecke der Truhe auf. Sein Vieh aber, der oft ein grösseres Kapital darstellt als seine Papiere, vertraut er Hirten von fraglicher Qualität an. Ein guter Hirte kann Unglücke verhindern und von einer angepassten, systematischen Weideführung profitieren. In einer dreckigen Hütte ohne Lüftung und voller Rauch verderben die Milchprodukte. Fast unentbehrlich für die Alp sind warme Ställe. Eines schönen Tages wird das Vieh auf die Alp getrieben. In einer Höhe von 1500 m.ü.M. ist die Luft dünner und kälter als im Tal und die Tiere müssen die Nacht im Freien verbringen. Oft erkälten sie sich und leiden so den ganzen Sommer. Die gilt hauptsächlich für die Kälber, die noch sensibler auf die Temperaturunterschiede als die anderen reagieren. Die ersten Nächte bei Schnee und Regen sollte das Vieh ein Dach über dem Kopf haben und wenn möglich auch etwas Heu.
Neben den Ställen sind Mistlegen und Güllenkasten unverzichtbar. Das vernünftigste System ist der, wo man den ganzen Mist mit Wasser auf die Weiden führt. Alpwiesen kann man ohne Schaden für die Alp errichten. Welche Alp ist nicht ab und zu überzüchtet, vor allem zu fett, und von giftigen Gräsern und Blättern übersäht? Solchen Boden müsste man umpflügen und mit guten Gräsern neu einsäen. Die gleiche Arbeit könnte und sollte man mit anderen wenig produktiven Weiden machen. Allmählich, mit Geduld und Ausdauer, lässt sich alles verbessern. Oft sind die besten Gräser mit Steinen zugedeckt. In guter Absicht werfen die Bauern die Steine auf einen Steinhaufen. Im nächsten Frühling aber treibt der Schnee die Steine in die entlegensten Winkel und so entstehen in einem Kreislauf die schönsten Steingärten. Auch hier sollte man wirtschaftlich arbeiten. Ein gefährlicher Feind unserer Alpen ist oft das Wasser. Die unschuldigste Quelle kann Felsspalten und Rutsche verursachen, die allmählich zur Plage für die Alp werden. Solchen Schäden muss man so gut als möglich zuvorkommen und das Wasser in Rohren wegleiten, die Erde mit Steinen oder Pfählen verfestigen und eventuell Sträucher einpflanzen.
Bei den Alpmeliorationen muss man wie bei jeder anderen Sache auch systematisch vorgehen. Man muss im Voraus wissen, welche Arbeiten dringend sind und wie man vorgehen will. Werden diese fortwährend und systematisch fortgeführt kommt man langsam zu wertvollen Verbesserungen und Einrichtungen. Wenn man aber heute da und morgen dort etwas macht, und dies noch ohne Plan, kommt man nie zu etwas. Die Gelder wurden umsonst gesprochen. Das ist das System von Leuten ohne Kopf und ohne Sinn für den Fortschritt. Nebst den Arbeiten, die man nur einmal machen muss, gibt es auch solche, die sich jedes Jahr wiederholen, wie z. B. Weiden räumen, Strassen flicken, Heu sammeln und Mist und Gülle ausführen usw. Das sind Arbeiten, die man noch weniger als die anderen vernachlässigen kann, wenn man nicht will, dass die Alpen verfallen.»
So äusserte sich ein Fachmann vor bald 40 Jahren über unsere Alpen, ihrer Verbesserungen und zu ihrem Nutzen.
Wir hatten viele Besprechungen bevor wir zu einer Übereinkunft in den verschiedenen Plänen kamen. Die Gemeindeversammlung genehmigte diese am Schluss mit grossem Mehr. Die Arbeiten tragen den Stempel reiflicher Überlegungen und nicht momentaner Eingebungen und Improvisationen.
Räumen
Der Unterhalt der Alpen ist dort besonders schwierig, wo grosse Teile der Alpen von Hohen Felsen umgeben sind, so wie es in Trin der Fall ist. Von den Felsen lösen sich jedes Jahr grosse und kleine Steine, welche dann vom Schnee auf die schönsten Weiden transportiert werden. Hier muss man regelmässig räumen, wenn man nicht will, dass die Weiden zu Steinwüsten verkommen. In Trin werden solche Orte Jahr für Jahr geräumt, wahrscheinlich schon seit Hunderten von Jahren. Der Tag des Räumens ist für die Burschen ein lustiger Tag, vor allem wenn sie eine oder zwei Nächte vorher in der Hütte verbringen durften. Die einen richteten sich in der Pritsche ein, die anderen schliefen in der Feuerstelle, im Keller oder sogar in Bündeln. Die Arbeitsleistung war nicht immer gross. Oft war man nicht mal die Milch, den Rahm, den Käse und die Butter wert, die man auf Kosten des Senntums für diese Tage konsumierte. Aus diesem Grund beschloss die Gemeinde vor bald 50 Jahren von dieser Art des Räumens abzusehen und eine Melorationskasse zu gründen. Diese wurde von Beiträgen gespeist, welche man auf jede Kuh, jedes Rind, jede Mese und jedes Kalb entrichten musste. Dieser Fonds sollte dann dazu dienen die geplanten Verbesserungen mit Kantons- und Bundessubventionen auszuführen. Vor und während des Weltkrieges liess die Gemeinde Trin verschiedene Weiden von Lavadinas, Vadres, Surcruns und Raschaglius im Akkord räumen. Sie verpflichtete sich so diese Verbesserungen zu erhalten. Aus diesem Grund werden heute wieder regelmässig geräumt. Die Bauern leisten ihre Arbeit pro Tier kostenlos. Wer keine oder zu wenig Arbeit leistet, muss zahlen. Diese Einnahmen dienen wiederum die zu entschädigen, welche mehr als ihren Teil räumen.
Bewässern
Seit je her wurden die Stafel von Lavadinas, Surcruns und Raschaglius mit Wasser ausgewaschen. Das Wasser wurde auf die naheliegenden Weiden geleitet. Der gute Effekt des Bewässerns mit Jauchewasser zeigte sich besonders in Lavadinas. Jetzt, als man in Bargis letztes Jahr feste Alphütten errichtete, stellt sich hier das Problem des Bewässerns oder Düngens des Bargisbodens. Man sprach schon vor einem Jahr von einer Einrichtung, mit welcher man mit Spezialschläuchen die Jauche ausbringen könne.
Drainagen
Eine bedeutende Arbeit auf Alpen mit Sümpfen war das Drainieren. Solche liess die Gemeinde Trin vor über 40 Jahren in Lavadinas errichten. Auf diese Art und Weise konnte der Rauschbrand von Lavadinas und der anderen Alpen verbannt werden.
Besseres Gras
Die Trinser Alpen vom Tschenghel einwärts: Lavadinas, Surcruns, Raschaglius und Cuolm da stiarls haben im Allgemeinen gutes Gras. So ist der Milchertrag dort gross und die Tiere kehren im Herbst wohlgenährt von der Alp. Die Alp Rusna ist noch stark von Buschwerk überwachsen, was man zum Vorteil der Alp roden könnte. Der schöne Boden von Lavadinas erzeugt viele Blakten, Gelber Enzian und andere wertlose Gräser. Das Erdreich dort ist erwiesenermassen zu fett. Mit geringem Aufwand liesse sich hier eine ausgezeichnete Grasnarbe gewinnen.
Schlimmer ist das Gras in Alpmora. Die schönen Ebenen vom Untersäss sind mit Vogelknöterich und Silbermantel. Mit dem Silbermantel lässt sich vielleicht guten Tee kochen aber sicher nicht die Milchproduktion fördern. Es gibt einen bestimmten Kunstdünger, der die Silbermäntel vertreibt und die guten Gräser fördert. Mit einigen Kosten könnte man aus der Alpmora eine der besten Alpen Graubündens machen. Für Ratschläge kann man sich an der Kulturingenieur wenden.
Wasserleitungen
Von grosser Bedeutung für die Alpen sind Wasserleitungen. Früher war die Alpmora eine trockene und diskreditierte Alp. Die Verluste an Tieren waren hier relativ gross. Bei grosser Trockenheit gingen viele Kälber an Rauschbrand ein, noch mehr versursteten. 1912 liess die Gemeinde eine Wasserleitung errichten, die mit ihren zwei Tränken im Untersäss und im Bass ein Segen für Alp ist. Nur eine Quelle, die ständig Wasser bringt, wird zuoberst in der Val Maliens gefasst. Diese liefert genügend Wasser für den grössten Teil Alp. Selbstverständlich begünstigt die Wasserleitung die Milchproduktion. Mit den gleichen Modellen liess der Gemeindevorstand ein oder zwei Zementtröge in Muletg am Fusse des Tschep errichten.
Mit der Entwässerung von Weiden auf Lavadinas liess der Gemeindevorstand gleich noch einfache Wasserleitungen errichten, die kleine Zementtröge mit Wasser versorgten. Diese Tröge wurden als Ganzes von Bonaduz nach Lavadinas transportiert. Wasserleitungen und Tränken fehlen in Bargis, Surcruns und Cuolm da stiarls. Das Vieh muss immer das Wasser aus dem Bach trinken, welche manchmal so hart ist wie Brei. Solches Wasser muss die Milchproduktion und die Gesundheit des Viehs negativ beeinflussen. Zwei oder drei grosse Tränken mit Zementtrögen, wie die von Armora in Bargis, ein paar wenige Tränken in Surcruns, Raschaglius und Surcruns, welche das kalte Gletscherwasser etwas geniessbarer machen, wären ein Segen für das Vieh und ein Vorteil für die Bauern. Es ist bemerkenswert, wie viele Bauern ihre Tiere daheim verhätscheln und so wenig Interesse für das Wohlbefinden ihrer Tiere während der Sömmerung zeigen.
Alpstrassen
Die Gemeinde Trin liess in den Jahren 1906 bis 1910 ein schönes Netz an Waldstrassen im Oberwald erstellen. Eine solche Strasse fehlte für das grosse Waldgebiet oberhalb Maliens. Die Gemeinde konnte gleich zwei Fliegen auf einen Streich schlagen, indem sie mit Subventionen eine Alpstrasse von Maliens nach Alpmora bauen liess und welche man gleichzeitig für den Holztransport aus dem Malienser Wald nutzen konnte.
Fast gleichzeitig verlangten die Nutzer der anderen Alpen auch neue Strassen für diese. Zuerst errichtete man die schöne Strasse von Bargis nach Rusna, welche während des ersten Weltkrieges von der Firma Casty aus Landquart mit grossem Fleiss fertiggestellt wurde. Fast gleichzeitig baute man die Wege des Gagliaretschs, auf den Draus, nach Lavadinas und nach Raschaglius. Diese war die einzige, welche sich nicht bewährt hatte, weil sie in einem Lawinenzug errichtet wurde.
Gemeinsam mit Flims wollte die Gemeinde auch einen Alpweg von Mulin-Canals-Quellgebiet Weissbach nach Buchaul und danach dem Flimserstein entlang nach Bargis bauen. Die Pläne waren schon gemacht und trotzdem wurde der Bau der Strasse verschoben. Vielen schien der Weg zu lang zu sein. Sie wünschten einen kürzeren und steileren Weg dem Crap uiara entlang zu den ersten Wiesen von Surrieven. Von dort sollte er durch die Wiesen über den Turniglabach in den Fidazer Wald. Andere wünschten sich einen Weg von Felsbach in den Fidazer Wald. Die Kühnsten sprachen sogar von einem Weg nach Munt und durch den Tschenghel nach Bargis. Seitdem sind bald 30 Jahre vergangen und niemand spricht mehr von einem Bau der Strasse nach Bargis, obwohl es sicher ein Vorteil für Trin wie für Flims wäre. Kurz vorher musste die Gemeinde mit hohen Kosten eine neue Bogenbrücke über den Bargisbach bauen. Die alte Brücke lag auf einem Felsen und schien massiv zu sein wie der Flimserstein. Ein Hochwasser kippte eines Tages den Felsen, der jahrhundertelang alle Unwettern getrotzt hatte. Was machen? Die Trinser Pontoniere errichteten in kurzer Zeit eine provisorische Brücke. Man glaubte für wenig Geld, mit 500 bis 1000 Franken eine feste Holzbrücke bauen zu können. Nach einigen Begehungen erklärten Fachleute, dass man keine andere Wahl habe, als eine neue Bogenbrücke auf einem Zementfundament zu bauen. Die Kosten wurden auf 50‘000 Franken kalkuliert, wovon 25‘000 Franken mit Subventionen von Bund und Kanton gedeckt wurden.
Hütten und Keller
Zwischen 1890 und 1895 baute die Gemeinde Trin mit Subventionen feste Steinhütten für die verschiedenen Stafel. In Bargis und Armora existierten wahrscheinlich seit Jahrhunderten transportierbare Holzhütten. Das Rücken der Hütten war eine regelmässige und wichtige Arbeit der Bauern von Bargis und Alpmora. Sie waren diese Arbeit gewohnt, so dass es zehn bis zwölf Männer pro Hütte reichten diese mit Hilfe eines Pferdes abzubauen und an einem anderen Ort wieder aufzubauen. Dafür brauchten sie etwa fünf oder sechs Stunden. Durch dieses System wurden die Weiden, vor allem der Bargisboden, optimal gedüngt. Einer, der vor 60 Jahren von festen Alphütten gesprochen hätte, hätte man wahrscheinlich in eine Klinik für Geisteskranke gesteckt. Vor einem Jahr errichtete die Gemeinde trotzdem dort trotzdem eine neue, doppelte Steinhütte. Damit machte sie auch Schluss mit dem alten Systems des Düngens. Wir wollen hoffen, dass sie sich in allen Belangen bewährt.
Ein Hüttenfundament und der Käsekeller in Muletg auf der Alp Mora
Die Käsekeller sind alt wie Methusalem. Davon ausgenommen ist der von Lavadinas, weil dieser mehrfach von den Lawinen zerstört wurde. In diesen Kellern wurde früher der Ertrag des ganzen Sommers gelagert. Die letzten Jahre hat man damit begonnen einen Teil der Butter früher nach Hause zu nehmen. Früher war dies verboten. Man musste eine Bewilligung einholen um frische Butter von der Alp ins Tal zu nehmen. Um den Topf mit eingesottener Butter zu füllen, bevorzugte man aber alte Butter, hergestellt in den ersten Alptagen, mit einer Schimmelschicht (Kahm). Der Käsekeller von Raschaglius, eine wahre Höhle am Fusse des Flimsersteins, soll ein hervorragender Käsekeller gewesen sein. Die Tatsache, dass die anderen Alpen auch guten Käse lieferten, ist ein Beweis, dass der Käsekeller allein nicht schuld war, wenn der Käse das eine oder andere Mal nicht gelungen war.
Alpställe
Die Trinser Alpen verfügen bekannterweise über keine Ställe oder Schutzställe, welche für die ersten Alptage sehr wichtig sind. Besonders für Alpen mit Fremdvieh ist dieses Fehlen ein Unbill. Eine Ausnahme macht da die Alpmora, welche das Recht besitzt bei Schnee bis nach Surcrap hinunter einzustafeln und deshalb keine Ställe braucht. Daher ist es verständlich, dass der Bau von solchen Ställen in den letzten siebzig Jahren ein Dauerthema war und ist. Der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich noch gut an solche Diskussionen von 1878, 1880, 1883 und noch in den folgenden Jahren. Ein inbrünstiger Befürworter solcher Alpställe war der Bauunternehmer Gion Caprez von Davos. Die Bauern waren da aber mehrheitlich gegenteiliger Auffassung bei dieser Idee, z.T. wegen den hohen Kosten, aber auch aus anderen Gründen. Man machte unter anderem geltend, dass Ställe die vernünftige Nutzung der Alp behindere. Man lasse das Vieh während der besten Weidezeit im Stall. Im Jahr 1909 gab es am Tag der Alpladung ein Unwetter mit starkem Regen und Wind. Das Vieh war unruhig geworden und lief wie verrückt auf dem Bargisboden umher. Mitleid erweckten vor allem die Kälber, die umsonst einen Unterschlupf suchten. Auf den Schreiber dieser Zeilen machte das einen derartigen Eindruck, dass er in der “Bündner Zeitung” einen flammenden Artikel zugunsten der Errichtung solcher Ställe schrieb. Die Frage wird auch im Gemeindevorstand diskutiert und der Gemeindeversammlung präsentiert. Diese entschied mit grossem Mehr Pläne für den Bau der Ställe machen zu lassen. Jetzt sind nicht die Kosten das Hindernis für die Errichtung der Ställe, sondern die divergierenden Ideen um den Zweck und die Standorte der Ställe. Wer wollte die Ställe in Bargis bauen, damit die Alpen von Surcruns, Raschaglius, Lavadinas und Cuolm da stiarls die Tiere bei Schnee nicht bis nach Trin treiben musste. So konnte das Zertrampeln des Grases vermieden werden. Die letzten Nächte auf der Alp sollten auch nähige Kühe und Rinder und die Kälber im Stall verbringen können. Andere wiederum wollte die Ställe neben den Stafeln zuoberst in Surcruns, Raschaglius und Cuolm da stiarls und für Lavadinas im mittleren Stafel bauen lassen. Die Ställe seien dort vorteilhafter, wo das Vieh den grössten Teil der Alpzeit verbringen. Der Schreiber, zu dieser Zeit Gemeindepräsident von Trin, war selber von dieser oder anderen Variante nicht mehr überzeugt, so dass er selber vorschlug, diese Frage auf später zu verschieben. Er wollte damit warten, bis die Frage des Standorts geklärt und gelöst sei und dass die Mehrheit der Bauern diese Variante dann unterstützten. Welche Studien die späteren Gemeindevorstände haben machen lassen, wissen wir nicht. Wir haben den Eindruck, dass die Frage des Standorts nicht mehr gereift ist als vor 40 Jahren. Bevor man viel Geld ausgibt, sollte man von vom Nutzen der einen oder anderen Variante überzeugt sein. Damit ist aber nicht gesagt, dass man die Klärung dieser Frage bis in die Ewigkeit verschieben müsse.
Verbauungen in Bargis
Eine Frage, die man bis jetzt zu wenig beachtet hat, ist die der Verbauungen in Bargis. Laut einem Artikel einer Churer Tageszeitung beschloss die Gemeinde Trin 1883 solide Verbauungen in Bargis zu errichten. So weit wie man sich erinnern kann, zerstört der Bach nach und nach die beste Grasnarbe der Alp. Jeden Herbst wurden früher einfache Holz- und Steinverbauungen eingebaut um den Bach in sein Bett zurückzudrängen, aber alles umsonst. Wie vor 70 Jahren schlängelt sich der Bach auch heute durch den Boden und zerstört immer mehr die Grasnarbe. Da helfen nur solide Verbauungen. Sie würden sich einiges Kosten, aber hier geht es darum die Grasnarbe der besten Trinser Alp zu erhalten. Sie würden der Zerstörung ein Ende setzen und würden es erlauben Steinwüsten in produktive Erde umzuwandeln. Die Verbauungen wären auch ein gutes Hindernis für das Vieh, das immer den Bach überquert und sich am frischen Gras auf dem Fidazer Boden gütlich tut.
Nutzung der Alpen
Nach von Herrn Pfarrer Gion Cahenzli wurden die Alpen noch anfangs des 19. Jahrhundert alle acht Jahre eingeteilt. Die grosse Teilung, wie man sie in Trin nannte, fand alle 32 Jahre statt. Heute macht man das alle 24 Jahre. Innerhalb von 24 Jahren laden die Bauern von Trin-Visura, Trin-Visut, Digg und Mulin alle sechs Jahre auf einer anderen Kuhalp. Für den Unterhalt der Alpen wäre der alte Turnus von acht Jahren dem jetzigen vorzuziehen gewesen.
Jede Alp wird mit Kühen, Rindern und Kälbern bestossen. Warum die Rinder bei jedem Melken mit den Kühen in den Stafel vom Grasen wegtreiben anstatt sie weiden lassen? Würde man die Rinder alleine auf eine Alp laden, könnten sie die Wege einsparen, die sie heute umsonst mit den Kühen machen müssen. Von 1880 bis ca. 1883 lud man alle Rinder und einige Kälber auf der Alpmora und die Kühe auf Raschaglius, Surcruns und Lavadinas. Dieses System gefiel vielen Bauern nicht. Einerseits sind diverse Rinder an Rauschbrand eingegangen (oder verdurstet) und andererseits hatte das Alppersonal auf den anderen Alpen Mühe so viele Kühe zu melken. Später sprach man wiederholt noch einen Versuch zu machen die Rinder alleine auf einer Alp zu laden. Aber auf welcher? Die ideale Alp wäre sicher Lavadinas gewesen. Dies wollten aber viele nicht, weil die Hütte dort zu schön war und weil die Kühe auf dieser Alp am meisten Milch gaben. Mit der richtigen Weidebewirtschaftung sollten die Rinder hier auch so fett werden wie die Flimser Rinder in der Alp Tomüll. Eine hervorragende Rinderalp wäre die Alpmora, wenn es gelingt im unteren Teil die Grasqualität zu verbessern. Hier könnte man nebst den Rindern alle Trinser Kälber alpen, ohne dass man die Alp übernutzen würde. Die Kälber sind immer noch in allen Alpen unbehirtet. Gerade deshalb jedes Jahr mehrere Kälber zu Grunde. Jetzt, wo jedes Kalb ein ansehnliches Kapital darstellt, sollte man das sofort ändern. Man sollte mindestens einen Versuch machen, drei oder vier Jahre die Rinder und Kälber zu laden. So wären die Kälber unter ständiger Aufsicht der Rinderhirten. Die Verluste an Kälbern würden für einen grossen Teil zurückgehen. Um diese Verbesserungen und Veränderungen auszuführen, sollte die Gemeinde für die anstehenden einen Plan für die nächsten 10-20 Jahre festlegen. Gleichzeitig sollte sie einen Meliorations- und Amortisationsfonds einrichten, welcher von jährlichen Abgaben der Bauern auf jedes Tier und von gleichen Beiträgen der Gemeinde gespeist wird. Für die Amortisationen könnte man einen Zeitraum von 30 oder 40 Jahren festlegen, je nachdem welche Arbeiten bereits ausgeführt sind.
Plan der Arbeiten und der eventuellen Änderungen
Der Plan der Arbeiten und der eventuellen Änderungen könnte folgendermassen aussehen:
- Neue Bewässerungseinrichtung für Bargis.
- Wasserleitungen und Brunnen in Bargis und in den anderen Alpen.
- Verbesserung des Grases in Lavadinas und Alpmora.
- Bau einer neuen Strasse von Trin nach Bargis.
- Bau von Alpställen.
- Verbauungen in Bargis.
- Alpzäune.
- Evtl. Bau von anderen Hütten etc.
- Ladung der Rinder und Kälber auf der Alpmora.
Vielen habe ich hier wahrscheinlich wenig Neues geboten. Wen nichts anderes könnten meine Ausführungen als Diskussionsgrundlage in mehreren Fragen dienen.
Selbstverständlich wäre es falsch, wenn man den Arbeitsplan in einem realisieren wollte. Es dürfte Sache des Gemeindevorstandes, der Senntümer und der Gemeindeversammlung sein die dringlichsten Arbeiten dieses Planes vorzuschlagen und die ganze Kraft in diese zu investieren. Der Kanton stellt seinen Gemeinden gerne sein Fachpersonal zur Verfügung. Der Alpinspektor oder der Kulturingenieur haben viel Erfahrung. Sie können sicher auch einen guten Ratschlag den Trinsern geben. Dies würde mehr nützen als das Geschwätz von gewissen Besserwissern, die in der Lage sind die Entwicklung zu bremsen aber unfähig sind eine konstruktive Arbeit, die länger hält, zu leisten.
Es braucht einige Kraft um die schmalen Wege zu verlassen, auf denen unsere Gross- und Urgrossväter gewandert sind. Die Vorurteile, die Feinde des Fortschritts muss man verbannen. Es braucht gegenseitiges Verständnis und nicht Bosheit und diese Intoleranz, die kein offenes Wort oder eine Diskussion zulässt. Zudem braucht es auch etwas gegenseitiges Wohlwollen und Vertrauen um Erfolg zu haben. Ein Zusammenspiel aller guten Elemente, die Sinn und Verständnis für das allgemeine Wohlbefinden aller zeigen, ist unbedingt nötig. Persönlicher Profit ist dabei hinderlich. Dort, wo diese Begebenheiten vorhanden sind, muss das Gute triumphieren.
Wie schon erwähnt sind die Alpen der Schatz und Stolz unserer Gemeinden. Aber der Stolz ist nur dann berechtigt, wenn man sie in Ordnung hält und sie so gut als möglich rentabel macht.
Abschliessend möchte ich noch bemerken, dass wir diese Arbeit auf Wunsch guter Patrioten geleistet haben. Wenn sie die Trinser animiert, das Verhältnis zu ihren Alpen in aller Ruhe und objektiv zu prüfen ist unser Ziel erreicht. Nichts für ungut.
August 1947 Hans Erni